Wie sehen die Lieferketten der Zukunft aus?
Autor: Christian Enßle | Head of Cluster FMB
Wie werden die Lieferketten im Maschinenbau künftig organisiert sein? Das ist eine von zahlreichen Fragen, die als Folge der Pandemie vielleicht neu bewertet und anders beantwortet werden müssen.
Wie stark ist die Kette?
Die Pandemie hat einmal mehr die Anfälligkeit des globalen Warenverkehrs für Störungen gezeigt. Eine Kette, so sagt ein Sprichwort, ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das heißt auch: Je länger die (Liefer-)Kette, desto größer das Risiko, dass ein Kettenglied „schwächelt“. Aus diesem guten Grund schauen sich viele große Unternehmen nicht nur im Maschinenbau verstärkt nach Zulieferern aus dem eigenen Lande oder gar der Region um – nach dem Motto „Think global, buy local“.
Nicht (mehr) selbstverständlich: Freier Warenverkehr
Das geschieht auch vor dem Hintergrund, dass es verstärkt zu Verwerfungen im freien Warenverkehr kommt, die von der Industrie nicht beeinflusst werden können. Der Brexit ist ein gutes (oder schlechtes) Beispiel dafür, ebenso die diversen Strafzölle, Handelsembargos und andere Maßnahmen, mit denen auch die Großmächte den Welthandel beeinflussen.
Verwerfungen auch bei den Kosten
Auch die Logistikkosten schwanken durch diese Einflüsse stark. Und: Während der Pandemie sind viele Leercontainer in Europa „gestrandet“ und nicht nach Asien zurücktransportiert worden, wo sie nun fehlen. Die Folge: Ende November kostete der Transport eines Standardconainers von Asien nach Nordeuropa 2000 US-Dollar, Ende Januar waren es 9000 $. Das erhöht die Kosten für Zulieferteile aus Asien.
Warum in die Ferne schweifen...
Die logische Konsequenz: Maschinenbauer schauen sich vermehrt in der Umgebung um, wenn sie qualifizierte Zulieferer suchen. Dass dies ein echtes Erfolgsrezept sein kann, zeigt die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL). Der dichte Besatz an Zulieferern aus sämtlichen Disziplinen ist einer der Gründe dafür, dass sich hier der zweitstärkste Maschinenbau-Cluster in Europa ausbilden konnte (auf Platz eins: Baden-Württemberg). Hier finden die Maschinenbauer Zulieferer, die nicht per Seecontainer liefern, sondern die direkte Zusammenarbeit schätzen.
Pause beim „Matchmaking“
Leider hat die Pandemie für eine abrupte Unterbrechung des Austauschs zwischen Maschinenbauern und Zulieferern gesorgt – in OWL und anderswo. Bestehende Beziehungen können gepflegt werden, neue zu knüpfen ist hingegen schwierig. Darunter leiden die Zulieferer: Ihnen fehlt der Zugang zu neuen Kunden und die Möglichkeit, Innovationen zu präsentieren. Die Maschinenbauer wiederum können diese Innovationen nicht nutzen, solange sie die Zulieferer bzw. deren Neuentwicklungen nicht kennengelernt haben.
Hoffen auf den Herbst
Wann sich dieser Zustand ändert, hängt von der Entwicklung des Infektionsgeschehens ab. Fakt ist: Die Beteiligten warten auf diesen Zeitpunkt. Und die Veranstalter der FMB tun schon jetzt alles dafür, im November eine Plattform für den Austausch von Maschinenbauern und ihren Zulieferern zu schaffen – sicher, persönlich, kompakt.
Neue Konzepte – in die Praxis umgesetzt
Zum Konzept gehört es dabei auch, eine gelungene Mischung aus Online-Aktivitäten und Präsenzveranstaltung zu gestalten. Deshalb steht schon jetzt fest: Es wird wieder ein „B2B Matchmaking“ geben, bei dem Aussteller und Besucher schon im Vorfeld passende Unternehmen und Gesprächspartner ausfindig machen und sich verabreden können. Das hilft, Kontakte zu reduzieren und den Messebesuch so effizient wie möglich zu gestalten – mit dem Ziel, (endlich wieder) neue Kontakte zu knüpfen!